Meine Beziehung geht nur 2-5 Leute was an

Do 22 November 2012
By Aaron

Keine Ahnung ob man das aus meinen bisherigen Posts rausgelesen hat, aber ich bin derzeit in einer nicht-monogamen Beziehung und überaus glücklich damit. Ich habe mich schon lange nicht so sicher und geborgen in einer Beziehung gefühlt.

Der Entschluss zu Beziehung kam plötzlich, wir kannten uns noch nicht lang. Objektiv gesehen hatten wir uns gerade erst kennengelernt. Doch es fühlt sich richtig an, es fühlte sich gut an, und so wagten wir den Schritt. Doch anstatt uns Hals über Kopf dieser neues, spannenden Sache hinzugeben stellten wir uns erst einmal die Frage:

Wie stellen wir uns diese "Beziehung" denn überhaupt vor? Was meinen wir denn überhaupt damit?

Wir beide hatten zu diesem Zeitpunkt etablierte Partner, Menschen die uns lieb und teuer waren, die wir nicht aufgeben wollten. Und als wir zusammen am Bett lagen, unsere Beziehungsgraphen zeichneten und sie einander erklärten, stellten wir schnell fest: Das fühlt sich auch gut an. Wir fühlten uns sicher miteinander, es fühlte sich nicht an, als würden die anderen Partner diese neue Sache zwischen uns bedrohen oder einschränken.

Wir entschieden uns für nicht-Exklusivität, vertrauten einander auf die eigenen Gefühle zu achten und die des anderen zu respektieren.

Seither hat sich die Beziehung entwickelt, ist mit uns gewachsen. Unsicherheiten und Ängste kamen auf, wurden besprochen und gelöst. Unklarheiten und Mißverständnisse wurden erkannt, beredet, geklärt.

Die Beziehung ist immer noch poly, sie ist immer noch am wachsen, sie ist immer noch unglaublich schön.

Ich stehe zu dieser Beziehung, rede gerne sehr offen darüber und teile auch intime Aspekte meines Lebens mit Leuten. Vielleicht mehr als andere Leute. Ich overshare manchmal gerne, denn dadurch ergeben sich manchmal die besten, innigsten Freundschaften. Und wenn jemand, der damit noch keinen Kontakt hatte, von mir und meinem Leben, meinen Erfahrungen darin, profitieren, umso besser.

Manchmal aber kommen mehr als nur Fragen, manchmal kommen Urteile. Manchmal kommt Kritik. Selten. Überraschend selten sogar. Aber manchmal doch. Meistens verpackt in Scherze, in kleinen Witzen oder "amüsanten" Kommentaren. Die meisten zielen auf die nicht-exklusiven Aspekte, reden darüber wie wild es bei mir abginge, wie ausgelastet ich doch sein müsste. Die kann ich belächeln und teils sogar verstehen: Poly ist anders, Poly ist außerhalb des üblichen Skripts. Da kann ich schon verstehen, wenn Leute sich da unsicher sind.

Letztens jedoch kam ein Kommentar, das mich verletzte, kam es doch von jemandem der es besser wissen sollte. Und es hinterfragte nicht unsere Entscheidung zur Offenheit, sondern unsere Entscheidung auch Grenzen zu ziehen.

Denn während unsere Beziehung nicht exklusiv ist, heißt das nicht, daß wir wild herumvögeln. Wir suchen uns unsere Partner aus, wir reden darüber miteinander, wir achten auf die Gefühle der anderen. Wir sind offen für neue Partnerschaften wenn sie sich ergeben, wenn sich Bedürfnisse in die Richtung bilden, aber bis dahin bleibt es bei unseren etablierten Partnern. Dafür haben wir uns gemeinsam entschieden, weil wir uns beide damit wohler fühlen, weil es sich zu Zeit so besser anfühlt. (Und das aktuell keiner von uns das Bedürfnis nach weiteren Partnern hat macht die Sache noch einfacher.)

Der Bringer des Kommentars schien da eine andere Situation zu vermuten. Nicht wir beide hätten uns entschieden auch Grenzen zu ziehen, sondern ich würde als "strenger Freund" meiner Partnerin vorschreiben wie sie ihre Zuneigung verteilen dürfe. Ein neidiges Gefühl von nicht-teilen-wollen schwang da mit, wie auch die verquere Idee eines Machtgefälles in unserer Beziehung. (Als könnte ich meiner Freundin überhaupt irgendwas vorschreiben! Von der Tatsache das mir das nichtmal in den Sinn käme ganz abgesehen.) Und vielleicht sogar ein Hauch von "Wer Grenzen setzt ist nicht Poly genug".

Nun ist mir bewußt, das dieses Kommentar als Scherz gemeint war, eine kleine scherzhafte Stichelei unter Freunden. Darum hege ich auch keinen Groll gegen die Person. Doch auch Scherze können verletzen, können unangebracht sein oder auf Ideen basieren, die falsch, dumm oder inakzeptabel sind. Auch im Scherz, nein, gerade im Scherz ist es nicht in Ordnung, die Beziehung die ich mit meiner Freundin zu beurteilen und zu kritisieren.

Denn sie ist nicht eure, sondern unsere Beziehung! Wir sind diejenigen die sie führen, wir sind diejenigen die sie konstruieren, die sie leben. Wenn wir wollen, teilen wir sie mit euch, öffnen sie für eure Blicke oder auch für mehr. Aber das ist allein unsere Entscheidung und geht sonst niemanden was an!

Das Recht an dieser Beziehung mitzugestalten und zu beurteilen liegt allein bei uns, die wir sie führen! Wie wir unser Liebesleben führen geht nur uns was an.